Wie die LVZ über den Verkehr und die Verkehrswende berichtet

Lieb, mein Name. Thomas Lieb. Reporterchef bei der Leipziger Volkszeitung und in dieser Funktion ständig auf der Suche nach den Themen, die für unsere Leserinnen und Leser relevant sein könnten. Ich habe kein Auto. Ich fahre ausschließlich mit meinem Fahrrad, der Bahn oder gehe zu Fuß durch Leipzig.

Warum ich mich so förmlich vorstelle? Aus Höflichkeit, in erster Linie. Aber auch, um gleich zu Beginn dieses Blogs der immer wieder auftauchenden Behauptung entgegenzutreten, bei der LVZ würden nur Autofahrer arbeiten, die Lobbyarbeit für die Autoindustrie betreiben. Leipziger Verkehrszeitung oder Leipziger Volkswagenzeitung sind die Lieblingsspitznamen jener Leserinnen und Leser, die keine Texte über die Verkehrspolitik in der Stadt akzeptieren möchten, in denen das Fahrrad nicht mindestens eine herausragende Rolle spielt. Es arbeiten auch Autofahrer in den LVZ-Redaktionen. Und die radfahrenden Kollegen sind sich mit den autofahrenden Kollegen in einer Sache sehr einig: Es geht nicht um Dich, es geht nicht um mich. Es geht um das große Ganze.

Die LVZ ist nicht für Autos und gegen Fahrräder. Aber eben auch nicht andersrum. Und wir lassen auch den Fußgänger nicht außen vor. Das Flugzeug oder das Boot. Straßen, Schienen, Wege – der Verkehrsraum ist die größte Begegnungsfläche von Menschen und Fahrzeugen. Ein Raum, in dem immer Bewegung ist. In dem Konflikte nicht ausbleiben können. Der Straßen- und Wegeverkehr ist nicht nur öffentlicher Raum der Gefahren. Er ist Entladungsfläche von so ziemlich jeder emotionalen Übersprungshandlung, die man sich vorstellen kann. Die brodelnde Zwischenmenschlichkeit ist eins der Probleme, mit denen die Verkehrssituation in Leipzig zu kämpfen hat. Und die LVZ versteht sich in diesem Zusammenhang auch als Streitschlichter.

Die LVZ macht den Verkehr nicht. Sie berichtet darüber. Mal moderierend, mal informierend, mal kritisch. Und da, wo es thematisch Sinn ergibt, immer mit dem Ziel, alle Interessen anzuhören und abzubilden. Die Redaktion versucht, dem Radverkehr in Leipzig genauso viel Aufmerksamkeit zu widmen, wie dem Auto- und dem Fußgängerverkehr. Sie bildet ab, wo Konflikte entstehen. Greift auf, wie Konflikte gelöst werden können. Schaltet sich ein, wo Konflikte moderiert werden sollten. Wird laut, wenn Konflikte ignoriert bleiben. Dann sind wir eben auch kritisch. Im Sinne einer lösungsorientierten Debatte auf dem Weg zu einer bestmöglichen Lösung. Für alle.

Die Pläne und die Umsetzung des Radweges auf dem Leipziger Innenstadtring ist dafür ein aktuelles Beispiel. Gerade dort prallen verschiedene Punkte aufeinander. Ein Gerichtsbeschluss, der die Stadt Leipzig unter Zwang setzt, die Sicherheit für den Radverkehr zu erhöhen. Der es am Beispiel des Ringradweges aber schwerfällt, mit der Sinnhaftigkeit des Unterfangens das Verständnis aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen. Das Unverständnis der Autofahrenden, die neben dem Radweg im Stau stehen und kein einziges Rad entdecken können. Oder die Ängste der Radfahrenden, die sich auf dem “Grünstreifen” neben dem Berufsverkehr nicht sicher fühlen und lieber doch auf dem Fußweg weiterfahren – und damit Fußgänger verärgern. Was macht die LVZ mit diesem Thema, das viele Leipzigerinnen und Leipziger bewegt? Sie analysiert. Bleibt dran. Fragt nach (immer und immer wieder) und – setzt sich aufs Rad und testet den Weg. Eine Link-Auswahl: 

Aber: Die LVZ wird die Probleme einer auf Wachstum ausgerichteten Verkehrspolitik nicht lösen. Und das ist eindeutig nicht ihre Aufgabe. Die bestmögliche Lösung kann in Großstädten beim Thema Verkehr nur der Kompromiss sein. Weil die Bedürfnisse des Radfahrenden nicht schwerer (und nicht weniger) wiegen als die der Fußgänger. Weil die Nöte der Autofahrenden (seien es die Eltern, die ihre Kinder transportieren oder die Unternehmen, die wirtschaftlichen Zwängen unterworfen sind), nicht aus dem Bild zu wischen sind. Oder weil die Attraktivität eines öffentlichen Nahverkehrs nicht allein in einer Stadtverwaltung zu erreichen ist.

Immer wieder taucht zum Thema Verkehr die Frage auf, warum wir “über jeden Stau” und Unfälle berichten. Abgesehen davon, dass nicht jeder Stau eine größere Auswirkung auf den innerstädtischen Verkehr hat, der für die Menschen relevante Folgen bedeutet. Wir berichten darüber, weil sich die LVZ als digitales Medienhaus auch als Alltagsbegleiter versteht. Wir sehen, dass die Userinnen und User nach diesen Informationen suchen, weil es Auswirkungen auf ihr konkretes Alltagsgeschehen hat. Sollte ich besser die Bahn nehmen? Wie viel Zeit muss ich zusätzlich einplanen? Die Redaktion bietet durch Antworten auf diese Fragen einen Service, den viele Menschen in dieser Stadt benötigen und auch erwarten.

Die LVZ begleitet kommunalpolitische, infrastrukturelle und soziale Aspekte beim Thema Verkehr kritisch, konstruktiv, serviceorientiert und umfassend. Eine Link-Auswahl: 

Das Thema Verkehr ist riesig. Gerade in einer so rasant wachsenden Stadt wie Leipzig. Weil es Jeden betrifft und viele unterschiedliche Bedürfnisse und Ansprüche vereint. Es ist in der Stadt aber noch einmal anders als in den ländlichen Regionen unseres Verbreitungsgebietes. Die Probleme, die die Lücken bei der Mobilität oder die Ansätze einer Verkehrswende mit sich bringen, sind hier unterschiedlich gelagert. In Orten, in denen die einzige Buslinie einmal vor- und einmal nachmittags hält, treten andere Konflikte auf, als in einer Stadt, in der Bahn-, Rad- und Autoverkehr ein idealerweise harmonisches Gesamtbild abgeben sollte. Auch diesem Perspektivwechsel muss die Redaktion einer Regionalzeitung gerecht werden. Die LVZ macht genau das. Eine Link-Auswahl: 

Das Thema Verkehr wird an der Stelle noch komplexer, an der es Krisen tangiert. Armut macht soziales Unrecht auch beim Thema Mobilität deutlich. Die Konsequenzen eines Krieges wirken sich unweigerlich auf ökonomische Kreisläufe aus. Und dann wäre da die Klimakrise. Einer der wesentlichsten Ursachen dafür ist eben auch der immens wachsende Fahr- und Flugzeugverkehr. Spätestens dieser Aspekt macht aus dem regionalen Thema Verkehr ein globales. Auch das gehört zu einer umfassenden und aufklärenden Berichterstattung über die Verkehrswende, der die LVZ mit ihrer engen Kooperation zwischen Leipzig und den Kolleginnen und Kollegen vom RedaktionsNetzwerk Deutschland nachkommt. Eine Link-Auswahl: 

Vielleicht, so viel Selbstkritik muss sein, treffen wir nicht immer sofort den richtigen Ton. Dann nehmen wir im Newsroom konstruktive und berechtigte Hinweise dazu immer auch an. Dann überlegen wir durchaus selbstkritisch, wie ein vielleicht übersehener Aspekt in einem Artikel nachträglich betrachtet werden kann, ob wir eine Überschrift anders formulieren sollten. Das Redaktionsteam ist beim komplexen Thema Verkehr immer von dem Anspruch getrieben, eine Debatte zu begleiten, bei der die Interessen aller berücksichtigt sind. Problematisch sehen wir allerdings, wenn der inhaltliche Diskurs eine rote Linie verlässt und die Kolleginnen und Kollegen von einzelnen Gruppen regelmäßig öffentlich beleidigt werden, weil die sich in Beiträgen nicht ausreichend berücksichtigt sehen. Immer wieder stand auch in der Kritik, dass die LVZ digital die Blitzer der Stadt veröffentlicht – dies haben wir nun eingestellt. Wir halten es als Serviceangebot für die Leserinnen und Leser zwar durchaus für legitim, diese zur Verfügung stehenden Informationen weiterzugeben, jedoch hat sich zuletzt gezeigt, dass die digitale Nachfrage nicht allzu groß ist.

Ein konstruktiver Vorschlag zum Schluss: Wenden Sie sich mit Anregungen, kritischen und vor allem allumfassenden Gedanken zur Verkehrswende an uns. Wir kommen gern mit Ihnen in einen Austausch. Einen Austausch über die Frage: Wie können sich alle Gruppen dieses (Verkehrs-)Raumes so neben- und miteinander bewegen, dass sich einer vom anderen nicht belästigt fühlt. Leserbriefe@lvz.de 

Ihr

Thomas Lieb

Reporterchef der LVZ