Wie wir mit Zahlen und Daten umgehen – am Beispiel der Corona-Pandemie

Nur weil etwas irgendwo geschrieben steht, muss es nicht unbedingt auch wahr sein. Das gilt heute mehr denn je. Gezielte und professionell aufbereitete Falschinformationen machen es allen schwerer, den Überblick zu behalten – auch uns Journalistinnen und Journalisten. Es erfordert oft enormen Aufwand, Informationen zu prüfen und Falsches von Richtigem zu unterscheiden. Nicht immer sind wir dabei fehlerfrei. Aber wir bemühen uns um Nachvollziehbarkeit und Seriosität der Quellen.

Die Corona-Pandemie hat den „Markt“ für Fakenews und Verschwörungserzählungen noch einmal erheblich erweitert. Die komplexe und belastende Situation lud förmlich dazu ein, nach einfachen Erklärungen zu suchen, die oft von persönlichen Vorurteilen getrieben werden. Die LVZ erhielt in den vergangenen zwei Jahren entsprechend viele E-Mails von Leserinnen und Lesern, die unsere Corona-Berichterstattung immer wieder in Zweifel zogen. Wir haben meist ausführlich geantwortet.

Ein erheblicher Teil unserer Corona-Informationen stammt vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. Im Frühjahr 2020 kannten eher nur Expertinnen und Experten diese zentrale Meldestelle für Infektionskrankheiten. Lediglich bei Grippewellen mit bis zu 200.000 Influenza-Fällen jährlich stieg das Interesse. Corona stellte das Institut dann aber vor ungeahnte Herausforderungen: Allein im ersten Jahr infizierten sich 1,7 Millionen mit dem Virus, bis heute sind es in Deutschland mindestens 25 Millionen geworden. Die Mitarbeitenden des RKI mussten unter wachsendem öffentlichen Druck schnell Wege finden, ihre Informationen zur Pandemie schnell und umfangreich verfügbar zu machen. Dabei holperte es mitunter, nicht nur technisch.

Zu Beginn gab es lediglich Zahlen auf der Webseite, die wir auch in der LVZ übernahmen. Dann folgten ein Info-Portal und wöchentliche Berichte, aus denen wir zitierten. Nach und wurden aus den Informationen bei uns auch immer mehr Info-Grafiken, die seither täglich aktualisiert werden. Inzwischen bietet das RKI riesige Datenmengen zu allen möglichen Bereichen der Pandemie an, die wir gelegentlich in unseren Texten aufgreifen.

 

 

Es gab für die LVZ nie generell Grund, an den Angaben der Behörde als Sammelstelle aller regionaler Gesundheitsämter in Deutschland zu zweifeln – auch wenn bei täglicher Zulieferung aus mehr als 400 Kreisen natürlich Fehler passieren können. Zumal auch heute noch aufgrund unterschiedlicher Computersysteme in Bund und Land Infektionen zum Teil händisch übermittelt werden müssen. An der Tendenz im riesigen Datensatz ändern vereinzelte Zahlendreher jedoch kaum etwas.

Wir mussten wie alle anderen in dieser Pandemie aber auch lernen, dass Fakten nicht immer alles verraten. So waren die vielen Corona-Betroffenen 2020 und 2021 noch ein unfassbar dramatisches Problem mit vielen Todesopfern in der Folge. 2022 wurden die Infektionen dann in den meisten Fällen „nur noch“ zur logistischen Herausforderung für Sachsens Kliniken und Gesundheitsämter. Die aktuelle Virus-Variante hatte auch Dank der Impfungen ihren größten Schrecken verloren.

 

 

Nachprüfen lassen sich die riesigen Datenmengen des RKI tatsächlich kaum – aber zumindest mit Nachfragen in Kliniken, Gesundheitsverbänden oder in Arztpraxen spiegeln. Auch das haben wir immer wieder in unseren Artikeln getan. Zumindest auf sächsischer Ebene vergleichen wir die RKI-Informationen auch mit anderen Daten-Quellen, beispielsweise mit denen aus Kommunen und Kreisen, aber auch mit Studien-Ergebnissen sächsischer Universitäten.

Der Blick in den Freistaat war und ist ohnehin wichtiger Fokus unserer Berichterstattung. Zur Corona-Lage in Sachsen liefert beispielsweise die Landesuntersuchungsanstalt (LUA) auf der Webseite des Dresdner Sozialministeriums täglich Informationen. Seit 2020 sammeln wir aus allen 13 sächsischen Landkreisen und Großstädten aber auch selbst veröffentlichte Corona-Daten. Aus diesem inzwischen umfangreichen Datensatz speisen sich nicht nur unsere Info-Grafiken auf LVZ.de, sondern wir können in der Berichterstattung auch Situationen miteinander vergleichen.

 

Detaillierte Analysen und Prognosen überlassen wir dagegen grundsätzlich Expertinnen und Experten. So gibt es glücklicherweise an der Universität Leipzig das Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE), aus dem die Forschenden seit Beginn der Pandemie komplexe Modellierungen liefern, die explizit die Situation im Freistaat analysieren. Im Leipziger Klinikum St. Georg und im Universitätsklinik arbeiten zudem renommierte Medizinerinnen,  Mediziner und Forschende, die uns in den vergangenen zwei Jahren dankenderweise immer wieder mit ihrer Expertise zu Verfügung standen.

Ihr

Matthias Puppe

Reporter Investigativ / Gesellschaft / Verbrechen / Daten

Mehr zum Thema: Täglich frische Infografiken zur Corona-Pandemie in Sachsen.

Weitere Fakten aus Sachsen: www.lvz.de/fakten